Experimentalvortrag zum Umgang mit Gefahrgut
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Am Abend des 12. Februar fand, erstmals im Landkreis Cham, ein Experimentalvortrag „Gefährliche Stoffe“ für Feuerwehren statt.
Entstanden ist die Idee zu diesem Vortrag im Rahmen des Lehrgangs „Gefährliche Stoffe – Technik“ im Frühjahr 2015 im Inspektionsbereich Bad Kötzting. Hier trafen sich Dr. Thomas Scheubeck, diplomierter Chemiker und Chemielehrer am Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium in Cham, als Teilnehmer und Bernhard Hatzinger, Fachberater Gefahrgut und Leiter der Arbeitsgemeinschaft Gefahrgut und Umweltschutz der Feuerwehrinspektion Bad Kötzting, als Lehrgangsleiter. Beide hatten eigentlich zeitgleich während eines Ausbildungsabends die Idee zu diesem Vortrag. „Ich war nur der erste, der das ausgesprochen hat und Thomas meinte nur, er hat grad dasselbe gedacht. Er war sofort begeistert von der Idee“ schildert Hatzinger die Entstehungsgeschichte. Der Umgang mit den gefährlichen Stoffen und die Durchführung der Experimente erfordern umfangreiche Vorbereitungen und einen hohen Sicherheitsstandard. Diese Voraussetzungen bietet nur ein professionell ausgestatteter Chemielehrsaal, den die Schulleitung des Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasiums vorhält und gerne für diesen Vorhaben bereit stellte. Die Arbeitsgemeinschaft Gefahrgut und Umweltschutz unterhält bereits seit vielen Jahren sehr gute Beziehungen zum ABC-Zug Cham, die sich im Jahr 2015 durch den genannten Lehrgang, zu dem der ABC-Zug sowohl Teilnehmer als auch Ausbilder stellte, und die gemeinsamen Einsätze beim G7-Gipfel in Garmisch und der Vogelgrippe in Roding noch intensivierten. So war schnell klar, dass auch seitens des ABC-Zuges Interesse an diesem Vortrag besteht.
Insgesamt 36 Teilnehmer aus der Arbeitsgemeinschaft Gefahrgut und Umweltschutz sowie dem ABC-Zug nahmen an diesem ersten Vortrag teil und der Lehrsaal voll besetzt. Neben Dr. Thomas Scheubeck als Referent konnte dieser auch vier seiner Schüler, allesamt Mitglieder einer Jugendfeuerwehr, als Assistenten für diesen Vortrag gewinnen. Matthias Heimann (FF Waldmünchen), Sebastian Mauer (FF Bernried), Julian Rasche (FF Schorndorf) und Florian Stautner (FF Schäferei-Kümmersmühle) unterstützten ihren Chemielehrer gerne bei den Vorbereitungen und der Durchführung der Experimente für die Feuerwehrkameraden.
Nach der notwendigen Sicherheitsbelehrung begann Dr. Scheubeck mit einer Einführung über die Eigenschaften von Säuren und Basen. Dabei erläuterte er auch im Speziellen den sogenannten pH-Wert. Dieser ist einsatztaktisch wichtig für die Beurteilung der Gefährlichkeit von Säuren und Laugen. Im Rahmen eines praktischen Versuches konnten alle Teilnehmer versuchen Salzsäure mit einem pH-Wert von 1 unschädlich zu machen. Dies ist grundsätzlich machbar, aber schnell wurde klar, dass dies Wasser in nahezu „ozeanischen Mengen“ erfordert und daher diese Vorgehensweise im Einsatz schnell Grenzen erreicht. Eine Alternative ist das Neutralisieren von Säuren und Laugen. Dies wurde anhand eines Beispiels vorgeführt. Ebenso wurde die Reaktion von Schwefelsäure auf verschiedene Materialien aufgezeigt.
Als nächstes ging der Referent auf Kohlenstoffdioxid als Löschmittel ein und zeigte auch deutlich die Grenzen dieses Sonderlöschmittels auf. Die Halogene Fluor, Chlor, Brom und Iod waren das nächste Thema. Dr. Scheubeck erläuterte Vorkommen und Gefährlichkeit dieser Stoffe. Gerade im Umgang mit Brom hatten sich in der Vergangenheit schon häufiger auch Unfälle in Schulen ereignet, wie am Beispiel eines Einsatzes aus Berlin aufgezeigt wurde. Mit der notwendigen Fachkunde sind derartige Einsätze jedoch schnell und mit vergleichsweise wenig Aufwand beherrschbar, wie ein weiterer Versuch zeigte. Dieser wurde jedoch aufgrund der Gefährlichkeit in einem Laborabzug durchgeführt. Optisch und akustisch besonders eindrucksvoll waren die Versuche zur Darstellung einer Wasserstoff-Explosion sowie die Reaktionen von Salzsäure und Salpetersäure mit Metallen. Beunruhigt zeigte sich die erste Reihe im Saal, als das Chemiepult vermeintlich kurzzeitig in Vollbrand stand, was sich aber als weitaus undramatischer als angenommen herausstellte. Chemielehrer beherrschen eben auch Showeffekte.
Weitere brennbare Gase, Dämpfe und Stäube sowie deren Reaktionsfähigkeiten waren das folgende Thema. Die Gefährlichkeit von Mehlstaub, Erdgas, Feuerzeuggas, Feuerzeugbenzin und Wachsdämpfen wurde in praktischen Versuchen vorgeführt. Die Reaktion von Kaliumchlorat mit rotem Phosphor war besonders beeindruckend.
Vor dem „Rausschmeisser“, einem Versuch mit dem klangvollen Namen „der brummende Gummibär“, fand bereits die Verabschiedung statt, denn nach diesem Versuch, so Dr. Scheubeck, sei mit einer starken unangenehmen Geruchsentwicklung zu rechnen. Bernhard Hatzinger bedankte sich im Namen aller Teilnehmer bei Dr. Thomas Scheubeck und seinen Assistenten für den hervorragenden Vortrag. Gerade für die Spezialkräfte der Feuerwehr, die bei Einsätzen mit gefährlichen Stoffen und Gütern unmittelbar mit diesen konfrontiert werden, ist es wichtig, dass diese die Gefahren durch diese Stoffe und die damit verbundenen Reaktionen richtig einschätzen können. Einsatztaktisch ist es auch wichtig chemische Grundregeln zu kennen, die anhand dieses Vortrags mit den dazugehörigen Versuchen hervorragend vermittelt werden konnten. Theoretische Vorträge mit Bildern oder Videoclips können diese Kenntnisse nur bedingt vermitteln, so dass dieser Vortrag eine wichtige Ergänzung zu den bisherigen Lerninhalten darstellt. Hatzinger brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass dies nicht der letzte derartige Vortrag gewesen sei, sondern eher als Pilotprojet für künftige Schulungen zu betrachten ist. Ein besonderer Dank gilt auch dem Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium für die Bereitstellung des Chemielehrsaals, da ein solcher Vortrag nur in dafür vorgesehen und ausgestatteten Räumen stattfinden kann.
Was es mit dem „brummenden Gummibär“ auf sich hat, soll den Schülern von Dr. Scheubeck und den Teilnehmern künftiger Vorträge vorbehalten bleiben. Für Dr. Scheubeck und seine Assistenten war der Abend jedoch noch nicht zu Ende, denn es war für jeden Teilnehmer ersichtlich, dass die Aufräumarbeiten nach diesem Vortragsabend auch sehr umfangreich sein würden. Abschließend soll noch erwähnt werden, dass Dr. Thomas Scheubeck nicht nur in der FF Runding überaus aktiv ist, sondern seit 2015 als Fachberater Chemie den Feuerwehren des Landkreises bei Einsätzen mit gefährlichen Stoffen und Gütern zur Seite steht und auch bereits die ersten Einsätze erfolgreich in dieser Funktion absolviert hat.