Einige Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Gefahrgut und Umweltschutz der Feuerwehrinspektion Bad Kötzting (AG-GU) machten sich am 23. März auf den Weg nach München zu einem Informationsbesuch bei der Analytischen Task Force (ATF) der Berufsfeuerwehr. Vermittelt hatte den Termin Matthias Lohberger von der FF Lam, der zugleich auch Mitglied der AG-GU ist. Er ist im Hauptberuf Feuerwehrmann bei der Berufsfeuerwehr München und stationiert auf der Feuerwache 2 , wo auch die ATF beheimatet ist.

Der Gedanke zur Einrichtung einer Analytischen Task Force wurde vor einigen Jahren in Zusammenhang mit der „Strategischen Neukonzeption der ergänzenden technischen Ausstattung des Katastrophenschutzes im Zivilschutz“ aufgenommen. Auslöser war u.a. eine neue Dimension von Terroranschlägen, beginnend mit den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001. Im den darauf folgenden Monaten kam es zu weiteren Anschlägen, bei denen auch Gefahrstoffe und chemische Kampfstoffe zunehmend eine Rolle spielten. Dabei wurde festgestellt, dass die Messtechnik der Polizei und der Feuerwehr häufig an ihre Grenzen stößt. Verschiedene Umweltdelikte bei denen unbekannte chemische Stoffe freigesetzt wurden kamen hinzu. In einem ersten Schritt stationierte der Bund 450 Erkundungskraftwagen, die zum Aufspüren und Messen von Gefahrstoffen ausgerüstet waren. Eines der Fahrzeuge ist bei der FF Cham stationiert. Darüber hinaus bietet die moderne Messtechnik weiterführende Möglichkeiten zur Erkennung unbekannter Substanzen. Vor allem aufgrund der Kosten und der Komplexität dieser Messgeräte ist jedoch eine flächendecken Stationierung nicht durchführbar. So wurden durch den Bund sieben Analytische Task Forces eingerichtet und so stationiert, dass ein Einsatz innerhalb von 2 Stunden bundesweit gegeben ist. Fünf dieser Einheiten wurden bei  Berufsfeuerwehren, eine bei einem feuerwehrtechnischen Institut und eine weitere beim Landeskriminalamt in Berlin eingerichtet. Zu den Aufgaben der ATF zählen die Detektion und Identifikation gefährlicher Substanzen und Substanzgemische, die Überwachung großer Areale mittels Fernerkundung, die Lokalisation und Identifikation Luft getragener Schadstoffe, die Situationsbewertung basierend auf Analyseergebnissen und toxikologischen Aspekten, die Einschätzung der Lageentwicklung sowie die Erarbeitung von Vorschlägen für Gegenmaßnahmen. Dabei kommt die ATF in erster Linie dann zum Einsatz, wenn die Möglichkeiten der örtlichen Einsatzkräfte nicht mehr ausreichen.


Die ATF München verfügt derzeit über zwei Fahrzeuge und umfangreiche Messtechnik. Ein Abrollbehälter mit einem mobilen Labor soll noch beschafft werden. Der leitende Messtechniker der diensthabenden Wachschicht Florian Prassberger begrüßte die Mitglieder der AG-GU. Zunächst wurden die Aufgaben, die Organisation und die Ausrüstung der ATF in der Theorie vorgestellt. Besonders interessierte die Mitglieder der AG-GU bei welchen Einsätzen es Sinn macht die ATF hinzuzuziehen und wie sich die Zusammenarbeit mit den örtliche zuständigen Feuerwehren gestaltet. Prassberger betonte, dass die ATF keinesfalls die Einsatzleitung übernimmt, sondern lediglich beratend für den Einsatzleiter tätig wird. Auch wurde dargestellt welche vorbereitenden Maßnahmen durch die örtlich zuständigen Feuerwehren getroffen werden können und wie die Arbeit der ATF vor Ort unterstützt werden kann. Anhand einiger Einsatzbeispiele zeigte Prassberger auf, dass die ATF durchaus regelmäßig zum Einsatz kommt. Dies sind nicht immer spektakuläre Einsatzlagen, sondern häufig auch die Identifikation unbekannter Stoffe bei illegaler Müllentsorgung, aber auch die Sicherung brisanter Veranstaltungen. So war die ATF bei der Münchner Sicherheitskonferenz mehrmals tätig, um unbekannte Substanzen in Briefen und Päckchen zu überprüfen.

 

 


Besonders interessant war die praktische Vorführung der Messgeräte, die vorwiegend im Einsatzleitwagen der ATF mitgeführt werden. Dabei handelt es sich um Gefahrstoff Detektor Arrays, ein Infrarotspektrometer vom Typ HazMatID zur Analyse von Flüssigkeiten und Feststoffen, Ionenmobilitätsspektrometer, ein Gaschromatograph-Massenspektrometer zur Analyse komplexer Stoffgemische, Photoionisationsdetektoren sowie verschiedene Strahlenmessgeräte. Mit dem HazMatID wurde die Stoffanalyse von Zucker praktisch vorgeführt. Ca. 38000 verschiedene Stoffe sind in der Datenbibliothek des Gerätes hinterlegt und können mit der höchst möglichen Wahrscheinlichkeit erkannt werden. Highlight war die praktische Vorführung des Infrarot-Gas-Fernerkundungssystems SIGIS 2. Mit diesem Gerät können gasförmige Schadstoffwolken aus einer Entfernung von 5 Kilometern erkannt werden. Für die Vorführung mußte jedoch die Distanz der Fahrzeughalle ausreichen. Dennoch war es sehr beeindruckend wie schnell und zielsicher das Gerät die aus einer Flasche austretenden Ammoniakgase erkennen konnte. Material zur Entnahme qualifizierter Proben gasförmiger, flüssiger und fester Stoffe, die auch juristisch verwertbar sind, runden die Ausstattung ab.

 


Auf dem Heimweg machte die Gruppe noch einen Abstecher zur Berufsfeuerwehr Regensburg. Dort steht seit kurzem ein Abrollbehälter mit einer Verdampferanlage. Diese soll den Einsatz von Stickstoff als Löschmittel gegenüber den bisherigen Verfahren wesentlich erleichtern. Stickstoff kommt in erster Linie dann zum Einsatz, wenn ein effektiver Löscherfolg nur durch Ersticken des Brandes erzielt werden kann. Dies ist vor allem bei Silobränden der Fall. Daher konnten zwei dieser neuartigen Anlagen auch mit Hilfe mehrerer Sponsoren, darunter die BayWa sowie die Bayerische Müllergenossenschaft beschafft werden. Auch bei Gefahrgutunfällen kann Stickstoff zum Entleeren von Tankfahrzeugen mit gasförmigen Stoffen eingesetzt werden, wenn es sich um Stoffe handelt, die mit dem Luftsauerstoff gefährlich reagieren würden. Handelsüblich ist Stickstoff jedoch nur in der Flüssigphase in größeren Mengen verfügbar und lieferbar. Zum Löscheinsatz wird der Stickstoff jedoch in Form von Gas benötigt. Dieser Umwandlungsprozeß wird durch den neuen mobilen Verdampfer erheblich beschleunigt und vereinfacht.

Zwei dieser Anlagen konnten bayernweit beschafft und bei den Berufsfeuerwehren Regensburg und Würzburg stationiert werden. Andreas Holley von der BF Regensburg erläuterte die Einsatztechnik. Auch hier wurde Wert auf die Art der Zusammenarbeit mit den örtlichen Einsatzkräften gelegt. Ziel ist es, den Verdampfer nur bereit zu stellen und nach kurzer Einweisung durch die örtliche Kräfte betreiben zu lassen. Noch ist der Verdampfer offiziell nicht einsatzbereit. Mehrere Anforderungen u.a. auch aus Baden-Württemberg zeigen aber, dass damit eine wichtige Lücke in der Bekämpfung von Sonderbränden geschlossen werden konnte.
Der Leiter der AG-GU Bernhard Hatzinger bedankte sich bei den jeweiligen Referenten, die sie sich Zeit für die Vorführungen genommen hatten. Mit interessanten Eindrücken über nicht alltägliche Maßnahmen aus dem breiten Einsatzspektrum der modernen Feuerwehren wurde die Informationsfahrt beendet. Der Dank gilt auch der FF Thürnstein für die Bereitstellung des Mehrzweckfahrzeuges für die Informationsfahrt.

 

 

(Bericht von Bernhard Hatzinger, Bilder von WebTeammitglied Alex Ziereis)