Grenzüberschreitende Gefahrgutübung der Feuerwehren in Janovice
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Die Feuerwehren im Grenzgebiet Tschechiens boten vor mehreren Wochen dem Kreisbrandinspektor Michael Stahl die Teilnahme bayerischer Feuerwehren an einer gemeinsamen Großübung an. Da es bereits sehr gute Kontakte zu den Feuerwehrkameraden in Janovice nad Úhlavou (Bezirk Klattau) gibt und bereits vor zwei Jahren ein sehr lehrreicher, grenzüberschreitender Übungstag für Feuerwehren beiderseits der Grenze durchgeführt wurde, war man schnell an einer erneuten gemeinsamen Aufgabe interessiert.
In Abstimmung mit den Verantwortlichen der Feuerwehr aus dem Nachbarland sollte wiederum auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Janovice ein Übungsszenario vorbereitet werden. Ein Verkehrsunfall mit mehreren Verletzten und dem Austritt von Gefahrgut sollte die besondere Aufgabe für die Feuerwehren sein. Als Termin wurde der vergangene Samstag vereinbart, wo sich am Vormittag die tschechischen Feuerwehren Janovice nad Úhlavou, Klatovy, Sušice, Běšiny und Spůle mit ihren bayerischen Kameraden aus Thürnstein, Arrach, Hohenwarth, Grafenwiesen, Liebenstein, Eismannsberg, Miltach und Harrling trafen. Zusätzlich nahm auch die Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung - Standort Arrach, der ABC-Zug der FF Cham und der Gerätewagen-Atemschutz der FF Furth im Wald teil.
KBI Michael Stahl und der Fachberater für Gefahrgut in der Inspektion Bad Kötzting, Bernd Hatzinger, wiesen die Fahrzeugführer anhand von Übersichtskarten in die fiktive Einsatzlage ein: Ein mit verschiedenartigen Gefahrgütern beladener Lkw war in einer Kollision mit mehreren Pkw verwickelt. Zahlreiche Insassen waren in ihren Fahrzeugen eingeklemmt und zum Teil schwer verletzt. Aufgrund des Zusammenstoßes verrutschte die Beladung des Lkw und es tritt eine farbige Flüssigkeit sowie Rauch aus dem Auflieger des LKW aus.
Wie in der Realität würden nun die Kameraden der Feuerwehren aus Tschechien zu diesem Verkehrsunfall alarmiert. Da diese aufgrund des Einsatzumfanges weitere Hilfe anforderten, diese aber wegen anderer Umstände nicht über tschechische Feuerwehren geleistet werden kann, würden über das Gemeinsames Zentrum der deutsch-tschechischen Polizeizusammenarbeit in Schwandorf Feuerwehren aus Bayern erbeten.
Beim Eintreffen der Feuerwehren aus dem Landkreis Cham hatten die tschechischen Feuerwehren bereits begonnen, die verletzten Personen aus zwei Pkws zu retten, die einige Meter vom Gefahrgut-Lkw entfernt standen. Dazu gingen die tschechischen Kollegen mit Chemikalien-Schutzanzügen vor und hatten eine Not-Dekontaminationsstelle eingerichtet. Auch der Brandschutz an der Unfallstelle wurde von den tschechischen Feuerwehren übernommen. Über die drei Hilfeleistungstanklöschfahrzeuge standen stattliche 17.000 Liter Löschwasser zur Verfügung. Zusätzlich wurde eine Löschwasserförderleitung von einem etwa 400 m entfernten Bach errichtet.
Die Aufgaben für die Feuerwehren aus dem Landkreis Cham waren die Rettung von verletzten und zum Teil eingeklemmten Personen aus zwei weiteren Pkws, die unmittelbar mit dem Gefahrgut-Lkw kollidiert waren, die Rettung des nur leicht verletzten Lkw-Fahrers sowie eine erste Erkundung und Schadstoffmessung am Gefahrgut-Lkw. Dazu teilten sich die Kräfte in drei Unterabschnitte auf: Menschenrettung, Gefahrgut-Bergung und Dekontamination. Die Rettung der insgesamt sechs Personen aus beiden Pkws übernahmen zwei Trupps, die unter leichten Chemieschutzanzügen vorgingen. Sie benutzten dafür das mobile Hydraulikaggregat sowie den Rettungssatz aus dem Hilfeleistungslöschfahrzeug der FF Arrach. Nach der Befreiung wurden die Fahrzeuginsassen zur Dekontaminationsstelle für Verletzte gebracht, die vom ABC-Zug aus Cham aufgebaut wurde. Bis zur Fertigstellung der Dekon-Stelle wurden die Verletzten vom Rettungsdienst, der nur fiktiv vorhanden war, versorgt.
Die Verletzten-Dekontaminationsstelle steht dem ABC-Zug des Landkreises Cham erst seit wenigen Wochen zur Verfügung. Die offizielle Übergabe der auf einem Abrollbehälter verlasteten Gerätschaften erfolgte erst in der Woche vor der Übung. Erstmals wurde der komplette Aufbau im Rahmen einer Einsatzübung durchgeführt. Die Aktiven des ABC-Zuges zeigten aber, dass sie den Umgang mit dem neuen Gerät bereits perfekt beherrschen. Daneben wurde eine weitere Dekontaminationsstelle für unverletzte Personen sowie Einsatzkräfte aufgebaut. Ein weiterer Trupp mit leichten Chemikalienschutzanzügen hatte in der Zwischenzeit mit dem Mehrfachgasmessgerät der FF Miltach Messungen am Fahrzeug vorgenommen. Diese ergaben keinerlei Explosionsgefahr, aber die Anwesenheit eines noch unbekannten Schadstoffes in der Umgebungsluft. Diese Messergebnisse war von der Übungsleitung als Einspielung vorgegeben. Der Messtrupp brachte auch den Lkw-Fahrer zur Dekon-Stelle und konnte aus dem Führerhaus auch die Transportpapiere bergen. Anschließend erkundete und überwachte der Trupp eine heftige Rauchentwicklung am Lkw, die sich als nur kurzzeitige Gefahrstoffreaktion herausstellte und stark abnahm noch bevor Maßnahmen eingeleitet werden konnten. Die Frachtpapiere wurden von der Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung anschließend ausgewertet und das Ergebnis dem Abschnittsleiter mitgeteilt. Zudem konnten für die Stoffe Sicherheitsdatenblätter besorgt werden, aus denen die chemisch-physikalischen Eigenschaften der Stoffe entnommen werden konnten. Es handelte sich um drei unterschiedliche ätzende und giftige Stoffe auf der Basis von Fluorwasserstoffsäure, Fluorborsäure und Schwefelsäure. Die beschädigten Fässer und ein IBC-Behälter mit einem Volumen von 1000 Liter wurden im weiteren Verlauf von insgesamt 4 Trupps unter Chemikalien-Vollschutzanzügen in Bergefässer gebracht bzw. in Sicherheitsbehälter umgepumpt. Dabei kamen Umfüllpumpen und Bergebehälter aus dem Abrollbehälter Umweltschutz der FF Arrach zum Einsatz. Das Personal für den Gefahrguteinsatz stellte die Arbeitsgemeinschaft Gefahrgut und Umweltschutz der Feuerwehr-Inspektion Bad Kötzting, die auch die Leitungspositionen bei diesem Einsatz übernahm. Die insgesamt 20 Atemschutzgeräteträger wurden teilweise auch von den Feuerwehren abgestellt, die zunächst eine weitere Schlauchleitung vom Bach sowie drei Faltbehälter aufgebaut hatten. Die Versorgung mit Atemschutzgeräten stellte der Gerätewagen Atemschutz der FF Furth im Wald sicher. Für die Wiederbefüllung der Atemluftflaschen stand ein Abrollbehälter der Feuerwehr Klatovy am Einsatzort bereit. Dieser verfügt über Anschlüsse mit Euro-Norm so dass auch die Atemluftflaschen der bayerischen Feuerwehren dort über den mitgeführten Kompressor wieder gefüllt werden könnten.
Insgesamt verlief die Übung weitgehend problemlos und nach Erfüllung sämtlicher Übungsaufgaben konnten sich die Einsatzkräfte in einer nahegelegenen Halle mit Gulasch und Getränken wieder stärken. Abschließend bedankte sich KBI Michael Stahl bei den Kameraden aus Tschechien für die Einladung zur gemeinsamen Übung aber auch den bayrischen Feuerwehrdienstleistenden sprach er besondere Anerkennung für die gezeigte Leistung aus. Er verband damit auch die Hoffnung, dass auch in Zukunft wieder gemeinsame Übungen mit den Feuerwehrkameraden aus der Nachbarregion stattfinden werden, damit auch bei möglichen Großeinsätzen gemeinsam effektive Hilfe geleistet werden kann.
(Bilder und Bericht vom WebTeammitglied Fabian Fischer und Bernd Hatzinger)